Stellungnahme des GEB Schule zum Grundsatzbeschluss über die Erhöhung der Kinderzeitgebühren
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Stellungnahme des GEB Schule zum Grundsatzbeschluss über die Erhöhung der Kinderzeitgebühren

Stellungnahme des GEB Schule zum Grundsatzbeschluss über die Erhöhung der Kinderzeitgebühren

Radolfzell, den 13.12.2020

Die Taskforce des Gemeinderates hat getagt (sind wir eigentlich wirklich im Krieg, sodass dieser Begriff angemessen wäre?), und beschlossen, dass schnellstmöglich die Familien den Haushalt der Stadt finanziell unterstützen müssen. Der Gesamtelternbeirat der Schulen wendet sich entschieden gegen die Vorschläge der Stadt Radolfzell, die Kinderzeitgebühren um 20 % zu erhöhen.

Die Corona-Krise hat uns alle getroffen. Familien waren in den letzten Monaten mehrfach belastet. Kurzarbeit, Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes, Kündigungen, Homeschooling, Schließung der Kitas, Homeoffice, Kontaktbeschränkungen, fehlendes Vereinsleben, Schließung von Kultur-, Musik- und Sportangeboten – die Liste ist lang.

In dieser belastenden Situation ist es unredlich, dass die Taskforce vorschlägt, Familien gleich mehrfach finanziell deutlich mehr zu belasten. Über eine bezahlbare Erhöhung von wenigen Prozentpunkten der Gebühren kommen wir gern ins Gespräch. Was nun aber nach dem jetzt anstehenden Grundsatzbeschluss zur Sprache kommt, bedeutet eine immense monatliche Mehrbelastung: In der Kinderzeit erhöhen sich durch die Einführung von MensaMax bereits die Kosten für das Essen. Die Gebührenerhöhung um 20 % bedeutet für Familien monatlich Mehrausgaben von nahezu 20 € pro Monat und Kind. Manche Familien haben mehrere Kinder. Das merken auch finanziell besser gestellte Familien deutlich, für Eltern mit geringerem Einkommen, aber knapp über der Grenze für die Zeller Karte, ist es eine Katastrophe. Hinzu kommen für Familien weitere deutliche Erhöhungen der Kita-Gebühren (um schlussendlich 30 % der Elterngebühren) sowie der Entgelte der Musikschule.

Ein Rechenbeispiel: Eine Familie mit zwei Grundschulkindern zahlt dann für zwei Mal Mittagessen, Kinderzeit und zwei Mal Einzelunterricht in der Musikschule mehr als 40 € mehr pro Monat. Dieses Geld muss die Familie an anderer Stelle wieder einsparen. Wir geben Ihnen für die bessere Vorstellung auch gern noch weitere Modellfamilien mit konkreten Zahlen.

Radolfzell bezeichnet sich selbst als familienfreundliche Stadt. Seit Jahren weisen Familien darauf hin, dass hierfür ein Gesamtkonzept fehlt. Das wird nun wieder deutlich. Eine familienfreundliche Stadt erhöht die Ausgaben für Familien moderat und in einer Weise, die für Familien auch bezahlbar sind.

In Radolfzell gibt es mit dem GEB Schule einen Ansprechpartner, der für die Belange der Familien einsteht. Wir haben in der Vergangenheit schon mehrfach eingefordert, Gespräche mitden beteiligten Eltern zu suchen, bevor Vorschläge der Verwaltung im Gemeinderat zur Abstimmung stehen – auch, wenn es um einen Grundsatzbeschluss geht. Die genaue Gestaltung der Gebühren gehört unserer Meinung nach zudem in die Vorberatung in den Ausschuss Bildung, Soziales und Sicherheit. An diesen Grundsatzbeschluss darf die Entscheidung der Höhe der Gebühren so nicht gekoppelt werden, wie sie in der Vorlage steht.

Die Gebühren der Kinderzeit wurden 2018 neu gefasst. Im Zuge dieser Neustrukturierung der Zeiten und Preise sollte ursprünglich ebenfalls eine Neustrukturierung der inhaltlichen Ausrichtung und ein pädagogisches Konzept vorgelegt werden. Darauf warten Eltern bis heute, und fordern es seit Jahren immer wieder regelmäßig von der Abteilung Kindertagesbetreuung ein. Die Kinderzeit ist für Familien ein wichtiges Betreuungsangebot, was Eltern von Grundschulkindern erst ermöglicht, zu arbeiten. Dieses Angebot wollen wir ausdrücklich nicht kleinreden. Die Kinderzeit ist ein wichtiger Baustein in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und sorgt dadurch auch für die Erwerbsarbeit von Frauen, die durch die Krise sowieso meist mehr belastet sind. Für den Rechtsanspruch auf einen Grundschulbetreuungsplatz ab 2025 ist die Stadt Radolfzell mit der Kinderzeit schon eher gut gerüstet. Eine finanzielle Mehrbelastung jedoch – erst recht in dieser Höhe – sollte also mindestens mit einer Verbesserung der Qualität einhergehen.

Familien sind wichtig für die Stadt. Arbeitende Eltern zahlen Einkommenssteuer und damit einen großen Teil des städtischen Haushalts. Sie konsumieren, halten die Vereine am Leben und schaffen Arbeitsplätze. In der aktuellen Lage haben Eltern keine Gehaltssteigerungen um mehr als 20 % – im Gegenteil, viele müssen finanzielle Einbußen hinnehmen.

Das Land Baden-Württemberg hat für die Kommunen mehrere Hilfsprogramme aufgelegt, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern und dafür zu sorgen, dass die Kommunen selbst handlungsfähig bleiben und nicht alle Gebühren erhöhen müssen. Jetzt wird allerdings deutlich, dass der Haushalt der Stadt bereits vorher in Schieflage war. Es ist zu einfach, für Familien alle Gebühren, die man beeinflussen kann, zu erhöhen.

Wir bitten Sie also, kritisch auf den gesamten Haushalt zu schauen und wenn, dann moderat die Gebühren zu erhöhen.

gezeichnet
Verena Mohr, stellv. Vorsitzende GEB Schulen
Antje Groll, Schriftführerin GEB Schulen

Mitarbeit: Susanne Pantel, Elternbeirat Ratoldusschule